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Das grösste Planetensystem

Exosysteme [1] mit grossen Gasplaneten [1], deren Umlaufbahnen weiter als 1.000 Astronomische Einheiten (AE) [1] von ihrem Zentralstern entfernt sind, sind extrem selten. Bisher sind lediglich vier derartige Systeme bekannt.

Australische Astronomen haben nun einen Planeten entdeckt, der sich auf
einer extrem weit entfernten Bahn um einen Stern bewegt [2]. Zuvor hatte man angenommen, der Planet sei sozusagen "ausgerissen" und bewege sich ungebunden im Weltraum. Das Planetensystem gilt nun als grösstes Sonnensystem, das wir kennen.

Der entfernte Planet
Der Planet 2MASS J2126-8140 (2MASS J21265040-814029, "J2126") [1] wurde ursprünglich als Mitglied der kleinen, rund 45 Millionen Jahre alten Tukan-Sanduhr-Sternansammlung (TucHor) [1] identifiziert. Diese befindet sich in den Sternbildern Tukan (Tuc) [1] und Sanduhr (Hor) [1].

Zunächst liess sich J2126 aufgrund seines geringen Alters und der geringen Masse zu keinem Stern zuordnen, sondern schien sich frei in dem Haufen zu bewegen. Die Forscher waren der Annahme, der Planet sei durch gravitative Wechselwirkung [1] in seinem ehemaligen Planetensystem oder durch die nahe Passage eines Sternes herausgeschleudert worden.

Eine neue Auswertung
Bei der erneuten Durchsicht der Daten stellten die Astronomen fest, dass sich J2126 zusammen mit dem kleinen, aktiven, jungen roten Zwergstern [1]
TYC 9486-927-1 ("TYC") [1] durch den Raum bewegt [2] und sich beide Himmelsobjekte in einer Entfernung von 104 Lichtjahren (Lj) [1] von der Erde befinden. Die Oberflächentemperatur [1] des Sterns beträgt rund 1.800 Grad. TYC besitzt eine Masse von etwa 0,4 Sonnenmassen [1, 2] und ein Alter von 10-45 Millionen Jahren [2].

Am Himmel sind die beiden Objekte 217 Bogensekunden (") [1] voneinander entfernt. TYC zeigt eine grosse Aktivität im Röntgen- [1] und UV-Bereich sowie in der roten Wasserstofflinie [1] - wie die Protuberanzen [1] der Sonne.

Laut Computersimulationen liegt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem Zwergstern und dem Gasplaneten um eine zufällige Anordnung bzw. Bewegung handelt, unterhalb von einem Prozent [2].

Zuvor hatte man aufgrund der grossen Entfernung von J2126 zu dem Stern keinen Zusammenhang gesehen. Kein Wunder: J2126 umkreist den roten Zwerg in einer Entfernung von 6.900 Astronomischen Einheiten; das entspricht der 6.900-fachen Entfernung der Erde zur Sonne oder rund einer Billiarde Kilometern.

Zum Vergleich: der Zwergplanet Pluto [1] ist rund 40 AE von der Sonne entfernt. J2126 befindet sich von seinem Zentralstern rund 140 mal weiter entfernt als Pluto von unserer Sonne (Abb. 1). Somit ist J2126 der von seinem Stern am weitesten entfernte Planet, den wir bisher kennen.

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Abb. 1 Schematische Darstellung der Entfernung von J2126 zu seinem Zentralstern.
Links befindet sich die Sonne als Zentralstern unseres Planetensystems. Der Abstand der Erde zur Sonne beträgt 1 AE, der des Pluto rund 40 AE. Die Oortsche Kometenwolke [1] ist bereits rund 100.000 AE entfernt. In diesem Bereich liegt die Entfernung (6.900 AE) des Planeten J2126 zu seinem Zentralstern, dem roten Zwerg. Ganz rechts befindet sich der uns nächstgelegene Stern, Proxima Centauri [1], in einer Entfernung von rund  4,3 Lj. © S. Murphy/ANU

 

Ein Umlauf des Planeten J2126 um seinen Zentralstern dauert schätzungsweise rund eine Million Jahre. Allerdings scheinen der Planet und der rote Zwergstern relativ lose aneinander gebunden; als Folge könnte die Passage eines nahen Sternes dazu führen, dass der Planet tatsächlich aus seiner Bahn um den roten Zwerg geschleudert wird.

Und der Ursprung?
Die Wissenschaftler halten es für unwahrscheinlich, dass beide Himmelsobjekte in einem engen Sternhaufen entstanden, vielmehr sei es möglich, dass sich das ungleiche Paar vor rund 10-45 Millionen Jahre aus einem Gasfilament [1] - ähnlich unserer Urwolke [1] - bildete, das beide Objekte in die gleiche Bewegungsrichtung beförderte. [2]

Durch die Bestimmung des Alters des Systems können die Forscher die Masse des Planeten auf 11,6-15 Jupitermassen [1] schätzen [2]. J2126 ähnelt in Bezug auf sein Alter, seine Masse und seine Oberflächentemperatur dem Exoplaneten β Pic b im Sternbild Bildhauer (Pic) [1]. Dieser Massebereich liegt in der Nähe der 13-Jupitermassen-Grenze, ab der das sog. Deuteriumbrennen [1] möglich wird, das Planeten von Braunen Zwergsternen [1] unterscheidet.

Die folgende Infrarotaufnahme [1] zeigt den Planeten J2126 und dessen Zentralstern, einen roten Zwerg (Abb. 2):

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Abb. 2 Infrarotaufnahme des Planeten J2126 und seines Zentralsterns.
Die Pfeile markieren die gemeinsame Bewegungsrichtung beider Himmelsobjekte.
Die Länge des weissen Striches entspricht einer Entfernung von 4.000 AE.
Der Bildausschnitt entspricht am Himmel 6x6 Bogenminuten [1].
© 2MASS/S. Murphy/ANU [2]

 

Kein Leben?
In einer derart grossen Entfernung vom Zentralstern ist die Existenz von Leben - wie wir es kennen - extrem unwahrscheinlich. Falls es sich bei J2126 jedoch um einen ehemaligen Braunen Zwerg handelt, hätte dieser in der Vergangenheit ausreichend viel Wärme erzeugen können, um sich in der Nähe des heutigen Planeten befindliche Monde aufzuheizen. Möglicherweise hat auf einem der (wahrscheinlich) erdgrossen Monde eine Art biologische Evolution stattgefunden. Das wäre zwar aussergewöhnlich, aber nicht unmöglich.

Allerdings wird sich dieses biologische Fenster bald schliessen: innerhalb weniger Millionen Jahre wird es selbst in der Nähe eines deuterium-brennenden Braunen Zwerges kalt und extrem unbehaglich. Vor allem die Millionen Jahre andauernde Dunkelheit sollte die Existenz von Leben eher unmöglich machen. Übrig bleibt dann wahrscheinlich ein merkwürdiger, einsamer Planet wie J2126.

 

Falls Sie Fragen und/oder Anregungen zu diesem Thema haben, schreiben Sie uns unter kontakt@ig-hutzi-spechtler.eu

 

Ihre
IG Hutzi Spechtler – Yasmin A. Walter

 

Quellenangaben:

[1] Information über astronomische und physikalische Begriffe
www.wikipedia.de

[2] Deacon, N.R., et al., MNRAS (16 Jan 2016)

 

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